Frieren für dauerhaftes Abnehmen
Motiviert durch die Milliardenumsätze von Novo Nordisk und Eli Lilly im explodierenden Markt für Arzneien gegen Fettsucht (Adipositas) berichteten zwei deutsche Forschungsgruppen über Wege, die Thermogenese brauner Adipozyten zum Abnehmen zu nutzen.
„Wer sein braunes Fett durch regelmäßige Kälteexposition trainiert, ist dünner und hat weniger Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“ Das verlauten deutsch-brasilianische Wissenschaftler um Professor Alexander Bartelt vom Institut für Prophylaxe und Epidemiologie der Kreislaufkrankheiten im EMBO Journal. Ein von dem Team entdeckter Mechanismus legt die Grundlage dafür, die Zellatmung der braunen Fettzellen zu steigern und so Stoffwechselerkrankungen wie Adipositas ursächlich zu behandeln.
Bartelt und Kollegen identifizierten erstmals einen Gegenspieler des Uncoupling protein-1 (UP-1) der Non-shivering-Thermogenese in braunen Fettzellen. Während UP-1 dafür sorgt, dass an Stelle von ATP, das normalerweise bei der Zellatmung entsteht, Wärme erzeugt wird, tut der neuentdeckte Inhibitory factor-1 (IF-1) das Gegenteil. Bei Kälteexposition sinkt der Spiegel an IF-1, demzufolge nimmt die Thermogenese zu.
Erhöhten die Wissenschaftler künstlich den IF-1-Spiegel, war die Anpassung an Kälte gestört. „Auch wenn wir ein wichtiges Puzzlestück zum Verständnis der Thermogenese gefunden haben, ist der Weg bis zur therapeutischen Anwendung noch weit“, so Ko-Autor Dr. Henver Brunetta. Die meisten Menschen nutzen ihr braunes Fett den Autoren zufolge noch zu wenig. Ihr Ziel: die Mitochondrien besser arbeiten zu lassen und durch gezielten Einsatz molekularer Schalter das zu Krankheiten der kardio-renal-metabolischen Achse führende Übermaß an weißem Fett schmelzen zu lassen. „Idealerweise finden wir basierend auf unseren Daten neue Wege, die Mitochondrien auch in weißen Fettzellen wieder fit zu machen, denn davon haben die meisten Menschen genug“, meint Bartelt. Im vergangenen November berichtete Bartelts Gruppe, dass die lncRNA AATBC das Gleichgewicht an Adipozyten hin zum brauen Typ verschiebt und die Mitochondrienfunktion anregt. Diese Aktivierung ging mit einer Senkung des Appetit-induzierenden Leptinspiegels im Blutplasma und des BMI einher.
Zeitgleich mit Bartelts Gruppe lieferte Dr. Juliane Weiner vom Universitätsklinikum Leipzig eine hilfreiche Ergänzung zu deren Forschung. Sie berichtete, dass das Protein Vaspin die adrenerg-induzierte Lipolyse und mitochondriale Atmung in braunen Fettzellen hemmt. „Mittels spezifischer Inhibitoren und siRNA-vermittelten Genknockdowns konnten wir zeigen, dass der Mechanismus wahrscheinlich über Bindung des Rezeptors LRP1 und eine anschließende Modulation von Phosphodiesterase-Aktivität abläuft“, so Weinert. Aus Sicht ihrer Arbeitsgruppe scheint Vaspin ein autokrin/parakrin wirkender Regulator der Thermogenese zu sein, der die adrenerg-induzierte Lipidmobilisation und damit den Stoffwechsel hemmt. Solche Bremsen der Thermogenese dienen wahrscheinlich der Feinregulation der Energiehomöostase, indem sie intrazelluläre Lipidspeicher schützen und eine übermäßige Aktivierung der brauenen Adipozyten verhindern.